Ansprache von Melvin Mika zur Vernissage der Waldkunstausstellung "Naturkultur"
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde des Waldes,
allenthalben hört man wie sich der Diskurs zu eigentlich egal welchem Thema verschärft.
Ob bei den weltbewegenden Themen wie Klimawandel oder Krieg oder auch bei weniger globalen
Themen wie Fahrradstraßen Brennholzbereitstellung. Der ein oder andere konnte dies sicherlich
auch schon am eigenen Leibe erfahren.
Insbesondere beim Thema Wald, der vielen Menschen so viel bedeutet, konnten wir dies feststellen.
Diskussionen, Meinungsaustausch und unterschiedliche Standpunkte sind wichtig und bringen uns voran.
Wohingegen der ideologisch aufgeladene Diskurs sowie das Reden übereinander statt miteinander meist
nicht zielführend ist und letztlich zur Verhärtung der Fronten führt.
Darunter leidet nicht nur der Mensch sondern häufig insbesondere die Sache für die man sich
einsetzt - sei es der Klimaschutz, das gesamte Waldökosystem oder auch nur die Kahlrückige
Kerbameise. Nur der aufrichtige und wertschätzende Dialog vermag Brücken zu bilden, die dauerhaft tragen.
Dass dieser aufrichtige Dialog verstetigt oder sogar weiterentwickelt wird, ist es notwendig im
Gespräch zu bleiben und ja - manchmal auch aufeinander zuzugehen. Hierzu kann die Waldkunstausstellung
beitragen indem sie Menschen mit unterschiedlichen Ansichten, Erlebnissen und Meinungen zusammenbringt
und zum Austausch einlädt.
Aber nicht nur das leistet die Waldkunstaustellung. Die Kunstwerke machen auch Aufmerksam auf die
Verletzlichkeit des Waldes, seine Ästhetik und Schönheit und auf seinen hohen Wert, den er für uns hat.
Der Ort hier im Staatswald in Nieder-Roden könnte dafür nicht besser geeignet sein. So laden die
Kunstwerke dazu ein durch den Wald zu gehen, der vom Klimawandel stark beeinflusst wurde. Die nicht
standortsangepassten Fichten sind vor Jahren schon abgestorben. Die Natur verjüngt sich aber auch die
Pflanzung von heimischen Eichen wurde umgesetzt. Gleichzeitig wird Holz geerntet und die Wege müssen
für die vielen Waldbesucherinnen und Waldbesucher in Schuss gehalten werden. Und wenn Sie genau schauen
gibt es einige Bereiche mit Totholz in liegender oder stehender Form, damit auch die Flora und Fauna
ein abwechslungsreiches Ökosystem vorfindet.
Ich lade Sie ein bei dem Begang der Kunstwerke auch auf diese Punkte zu achten - ein Spannungsfeld,
das wohl austariert sein muss. Eine Aufgabe die in der aktuellen Situation durchaus herausfordernd ist.
Zu guter Letzt einen dritten Aspekt, den die Waldkunstausstellung fördert und zwar die Beziehung
zum Wald. Viele Menschen haben sich in den letzten Jahrzehnten von der Natur entfernt. Das ist
problematisch, denn wie kann man etwas schützen, wenn man es nicht kennt?
Lutz Rathenow zeichnet in seinem Gedicht 2084 ein düsteres Bild:
Wälder betrachten
in dreidimensional gestalteten Büchern
Nachts der Traum von Bäumen
am Rande der täglich befahrenen Straße
zwischen drei vier Städten
die keiner mehr trennen kann
Was Vögel sind fragen Kinder
Die Eltern zeigen einen Film
der Reihe "Ausgestorbene Lebewesen"
Und einmal pro Woche
ziehen die Familien aus
zur Erholung ins Naturmuseum:
bestaunen Gräser Fische Pflanzen
und wundern sich
wie früher es Menschen aushalten konnten
inmitten des Gestanks
nicht künstlich gezüchteter Blumen
Lutz Rathenow
Durch diese Ausstellung wird der Wald wieder ins Bewusstsein gerückt und vielleicht gelingt es
mit Hilfe genau solcher Veranstaltungen, dass sich die Menschheit nicht vollständig vom Wald entfernt
und das Gedicht von Lutz Rathenow Lyrik bleibt und nicht Wirklichkeit wird.
Vielen Dank!
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